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Die ukrainischen Neonazis von C14 vertreiben Roma-Familien und brennen ihr Camp nieder

Die ukrainischen Neonazis von C14 vertreiben Roma-Familien und brennen ihr Camp nieder

Serhij Mazur, ein bekannter Aktivist der rechtsextremen Organisation C14, hat auf seiner Facebook-Seite damit geprahlt, Roma-Familien aus deren Camp auf dem Lysa Hora* vertrieben zu haben. Trotz der eindeutigen Anmerkungen in seinen Posts und der Tatsache, dass die Roma flohen, ohne die Kleidung etc. ihrer Kinder mitzunehmen, sah die Polizei anscheinend keinen Anlass, einzugreifen. Sie erklärte lediglich, keine Beschwerden erhalten zu haben. Es ist zudem besorgniserregend, wie viele ukrainische Medien (etwa TSN und Kanal 5) Mazurs Worte benutzten, um über den „Streifzug“ zu berichten. Über die Gründe, warum die 15 Familien ihre Unterkünfte in großer Eile verlassen haben, erfährt man nichts.

* Lysa Hora ist ein größer Hügel und Naturreservat in Kiew; Anm. der Übers.

Die Roma-Familien sind Berichten zufolge aus Transkarpatien nach Kiew gekommen, um hier Arbeit zu finden. Falls Mazur die Wahrheit sagt, dann waren die Maßnahmen, um sie zu vertreiben, das Ergebnis einer Kollaboration von Mitgliedern der C14 mit der so genannten „Gemeindegarde“ („Муніципальна варта“) und der   Holosijiwer* Bezirksverwaltung. Wie berichtet wird, hat diese „Gemeindegarde“, die von C14-Mitglied Serhij Bondar angeführt wird, im Dezember 2017 sowohl einen Kooperationsvertrag mit der Bezirksverwaltung als auch mit der Holosijiwer Nationalpolizei unterzeichnet.

* Der Rajon (Bezirk) Holosijiw ist einer der Verwaltungsbezirke der ukrainischen Hauptstadt Kiew; Anm. der Übers.

Wenn Mazur über Roma schreibt, benutzt er gerne die beleidigende Abkürzung „Zi“. Er sagt, Roma hätten den „Lysa Hora wieder besetzt“ und dass es jetzt sind. Ebenso mehr „von ihrem Müll“. Laut Mazur wurde den Roma von C14, der „Gemeindegarde“ und der Bezirksverwaltung „ein Ultimatum gesetzt, das gesperrte Parkgebiet bis MORGEN zu verlassen. Falls sie die Forderung nicht erfüllen, werden sie auf andere Art gebeten werden zu gehen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens.“

Die Erwähnung des Gesetzes mangelt jeglicher Glaubwürdigkeit. Wenn die lokale Verwaltung berechtigt ist, ein Ultimatum zu setzen, sollte sie sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden, falls das Ultimatum ignoriert wird. Jede „andere“ Methode, die Mazurs Post andeutet, geht die C14-Aktivist_innen entweder nichts an oder ist eine Schönfärberei für Zwangsmaßnahmen, die sicherlich nicht gesetzlich sind.

Der Rest des Posts ist einfach nur beleidigend. Falls, und das kann bezweifelt werden, er unter die Meinungsäußerung fällt, ist eine derartige Anstiftung zu Hass und Vorurteilen gegen eine ethnische Gruppe seitens hoher Vertreter_innen einer Organisation, die mit Behörden kooperiert, sicherlich inakzeptabel.

Am 21. April hat Mazur in einem Post erklärt, es befänden sich keine Roma (dies ist nicht der Ausdruck, den er verwendet) mehr auf dem Lysa Hora. „Gestern sind sie der Forderung nicht gefolgt, und nur einige haben das Camp im Park verlassen. Nach überzeugenden rechtlichen Argumenten haben die anderen jedoch auch entschieden, das Sperrgebiet zu verlassen.“ Die C14-Aktivist_innen haben anschließend „fast den ganzen Müll aufgeräumt“ und die Zelte abgebrannt.

Wenn die so genannten „überzeugenden Argumente“ gesetzlich gewesen wären, wäre es unwahrscheinlich gewesen, dass die Roma-Familien die Kleidung ihrer Kinder und Lebensmittel zurückgelassen hätten.

Der Journalist Jewhen Sawatejew hat dem Hromadske Radio erzählt, „es sieht so aus, als ob die Menschen, die in diesem Camp lebten, gezwungen worden wären zu fliehen und nicht einmal das Nötigste mitnehmen konnten“. Er sagte, es habe etwa 15 Hütten gegeben, in der jeweils eine Familie „gelebt“ habe.

Zola Kondur von der Roma-Frauen-Organisation Chirikli zufolge war das Camp in den letzten vier Jahren bereits öfter Thema. Sie sagt, die dort lebenden Menschen hätten sich gerne integriert und mit den Behörden kooperiert. Unter dem Vorwand, sich nicht mit Tuberkulose anstecken zu wollen, forderten andere Bewohner_innen des Bezirks jedoch, dass es Roma nicht erlaubt würde, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen oder in den Läden einzukaufen. Kondur weist allerdings darauf hin, medizinische Untersuchungen hätten ergeben, dass es in dem Camp keine mit Tuberkulose oder HIV infizierten Bewohner_innen gebe.

Sie wirft der Bezirksverwaltung vor, sie wolle die Sozialfürsorge nicht einbeziehen und fügt hinzu, dass das Camp, das tief im Naturschutzgebiet von Lysa Hora liegt und schwer zu finden ist, jeden störe.

Dies war nicht der erste „Streifzug“. Mazur hat am 18. April berichtet, dass am Tag zuvor „gute Menschen einen Streifzug am Bahnhof, der fast völlig von Zi…ern besetzt war, durchgeführt haben“.  Es gibt die üblichen beleidigenden Beschwerden über „die negative Verhaltensweisen seitens der Roma“, welche von ihrem „Spaziergang“ angeblich eingedämmt worden seien. Mazur berichtet außerdem, sie hätten „Papiere und Fahrkarten überprüft. In ein oder zwei Tagen wird niemand von ihnen mehr hier sein“. Er fragt, warum solche „Patrouillen“ nicht von der Polizei ausgeführt würden. Mazur wäre zweifellos von der Moskauer Polizei beeindruckt, die solche „Überprüfungen“ – ausschließlich auf Grundlage ethnischen Profilings – ständig durchführt. Er beendet sein Posting mit der Behauptung, C14 würde „Zi…er“ nicht bekämpfen, sondern lediglich die „negativen Verhaltensweisen ihrer Vertreter“ und lädt andere ein, sich ihnen anzuschließen. Er verspricht weitere „Streifzüge“ wie die gegen die Roma auf dem Lysa Gora.

Es gibt zwingende Gründe, eine behördliche Untersuchung dieser „Streifzüge“ der C14-Bürgerwehr  zu fordern. Falls die Auflösung des Camps auf dem Lysa Gora tatsächlich zusammen mit der Bezirksverwaltung erfolgte, erscheint eine Untersuchung angemessen. Außerdem sollte ernsthaft überdacht werden, ob solche „Kooperationen“ rechtmäßig weitergeführt werden können.

Fragwürdige „Partnerschaft“

C14 bezeichnet sich selbst als „nationalistische“ Organisation und streitet ab, neonazistisch zu sein. Wjatscheslaw Lichatschew, der die rechtsextremen Bewegungen in der Ukraine seit über einem Jahrzehnt beobachtet, ist davon nicht überzeugt. Er weist darauf hin, dass die C14-Aktivist_innen, die die Kiewer Stadtverwaltung während des Euromajdan* besetzt hielten, das Gebäude mit Neonazi-Transparenten und -Graffiti bedeckten.

* Der Euromajdan war ab 2013 eine Protestbewegung in der Ukraine; zu den Protestierenden gehörten auch Rechtsextreme, wie etwa die Partei Swoboda; Anm. der Übers.

Die C14-Aktivist_innen behaupten gerne, sie würden „Separatisten“, „Tituschki“* oder bezahlte Schläger, aber auch korrupte Gerichte, etc. bekämpfen. Das Prinzip, nach dem sie bestimmen, wer „Separatisten“ sind oder allgemeiner gefasst, wen sie bekämpfen, gibt ernstlich Anlass zur Sorge.

* Als Tituschki bezeichnete man während des Euromajdan von der Polizei bezahlte Provokateure; Anm. der Übers.

Am 19. Januar 2018 verhinderten C14-Aktivist_innen die traditionelle Zusammenkunft zur Erinnerung an die Sewastopoler Journalistin Anastassija Baburowa und den russischen Juristen Stanislaw Markelow, die 2009 in Moskau von neonazistischen russischen Nationalist_innen ermordet worden sind. Die Behauptung, diejenigen, die der beiden ermordeten Antifaschist_innen gedenken, seien „Separatisten“, ist lächerlich. Wolodomir Tschemeris, einer der Organisatoren der Veranstaltung, versichert, sie seien nicht nur von C14-Schläger_innen sondern auch von russischen und weißrussischen Neonazis behelligt worden.

Einer der verstörendsten Aspekte an jenem Tag war das totale Versagen der Kiewer Polizei, angemessen auf das aggressive Verhalten derjenigen zu reagieren, die sich der Erinnerungsveranstaltung entgegenstellten. Stattdessen verhaftete sie acht Personen, die gekommen waren, Barburowa und Markelow zu gedenken. Die Polizei behauptete später, es habe keine Verhaftung gegeben, sondern die Aktivist_innen seien in die Polizeistation „eingeladen“ worden. Es jedoch gab keine Andeutung, dass die „Einladung“ hätte abgelehnt werden können.

Die verhafteten Aktivist_innen berichteten später, dass sie nach Verlassen der Polizeistation von rechtsextremen Schläger_innen „gejagt“ worden seien. Ein Mitglied des Informationszentrums für Menschenrechte, das mit ihnen gesprochen hat, meint, die Schläger_innen hätten nur durch die Polizei selbst erfahren können, auf welche Station die Aktivist_innen gebracht worden seien.

C14 beteiligte sich an Angriffen auf Aktivist_innen, die am jährlichen Equality March (Kiev Pride) teilnahmen, auf Menschenrechtsaktivist_innen, auf eine Kunstausstellung und sogar auf Protestierende mit ausschließlich sozioökonomischen Forderungen. Ihre Mitglieder könnten unter den 50 jungen rechtsextremen Rüpeln gewesen sein, die am 26. März 2018 Veranstaltungen angriffen, die mit dem Kiewer Docudays-Filmfestival in Zusammenhang standen. Sie zerstörten Poster, die für Toleranz und Vielfalt warben, und versuchten, eine Podiumsdiskussion über die rechtsextremen Bewegungen zu verhindern.

Es gibt weitere Gründe, Kooperationen anderer lokaler Behörden oder der Polizei mit C14 mit Sorge entgegen zu sehen. Noch unter dem Regime Wiktor Janukowitsch, haben Jewhen Karas und seine C14-Kameraden im Dezember 2012 Menschenrechtsaktivist_innen angegriffen, die gegen den repressiven Gesetzesentwurf protestierten, der das gleiche Verbot „Homosexueller Propaganda“ vorsah, das im benachbarten Russland verabschiedet worden ist. Verhaftet wurden vorwiegend Protestierende.

C14 war in diverse Gewalttaten verwickelt. Es gibt Berichte, dass sie am 13. Dezember 2017 Mitglieder einer anderen lokalen Gruppierung angegriffen hat. Zwei Mitglieder dieser Gruppe kamen mit Schussverletzungen ins Krankenhaus. Anscheinend ging es bei dem Konflikt darum, ihre Macht über ein bestimmtes Gebiet herzustellen.

Am 26. Februar 2018 veröffentlichte C14 eine Anzeige auf ihrer Facebook-Seite, in der sie recht offen regelmäßigen Spender_innen ihre Dienste als Schläger_innen anboten. Sie schrieben „C14 arbeitet für Sie. Helfen Sie uns, flüssig zu bleiben, und wir helfen Ihnen. Für regelmäßige Spender öffnen wir eine Wunschbox. Wem unserer Feinde möchten Sie das Leben schwer machen? Wir versuchen es“. Die Organisation hat vermutlich verstanden, dass solche Offenheit ihre Versuche, sich als prinzipientreue Verteidiger der Ukraine anzupreisen, unterlaufen. Der Post ist nicht mehr verfügbar. Jedoch kann man ihn hier sehen, und er stand wochenlang auf ihrer Seite. Die Einladung, sich den „Streifzügen“ gegen Roma auf dem Bahnhof oder an ihren Wohnorten anzuschließen, sagt nichts über die Motive für die Teilnahme an Streifzügen von hochgradig fragwürdiger Legalität, eingelullt in Behauptungen, die zu Hass und Fremdenfeindlichkeit anstiften.

 

Das RAN hat einen Artikel von Halya Coynash übersetzt, den die Website Human Rights in Ukraine am 23. April 2018 veröffentlich hat. In der Ukraine gibt es eine ausgeprägte rechtsextreme und neonazistische Szene. Dazu gehören paramilitärische Gruppierungen wie etwa C14.
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