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Roma erleben Déjà-vu – 23. Jahrestag des Kosovokriegs

Heute vor 23 Jahren, am 24. März 1999, begann die NATO ihre 78tägige Bombardierung Jugoslawiens. Begründet wurde dieser Krieg mit einem vermeintlich drohenden Genozid an den Kosovo-Albanern durch die Regierung Jugoslawiens, den es zu verhindern gelte. Für diese Behauptung gab und gibt es keine Beweise.

Das Ende vom Lied: Nach dem Krieg wurde ab dem 13. Juni fast die gesamte Roma-Community von der kosovo-albanischen Mehrheitsbevölkerung vertrieben, nachdem sie mehr als 600 Jahre in diesem Gebiet gelebt hatte. Viele von ihnen wurden vergewaltigt, gefoltert und ermordet. Ihre Häuser wurden von der Mehrheitsbevölkerung in Besitz genommen oder geplündert und abgebrannt. Die ethnischen Säuberungen fanden vor den Augen der NATO und anderer internationaler Organisationen statt. Solidarität für die vertriebenen Roma gab es keine. Bis heute leben viele als Binnenvertriebene in Serbien oder angrenzenden Ländern, andere in Westeuropa, manche sind nach wie vor nur geduldet und müssen jederzeit mit ihrer Abschiebung rechnen.

Nach dem Porajmos war der Kosovokrieg und die anschließende ethnische Säuberung die größte Katastrophe für Roma in Europa.

Heute vor einem Monat begann wieder eine riesige Fluchtbewegung in Europa. Den Flüchtenden aus der Ukraine wird mit einer beispiellosen Solidarität begegnet, die selbst die von 2015 weit in den Schatten stellt. Das ist richtig so. Sehr schnell hat sich jedoch auch jetzt wieder die Spaltung in erwünschte und unerwünschte Flüchtende gezeigt. Roma werden auf dem Fluchtweg und an den Grenzen diskriminiert, sie werden nicht in Zügen und Bussen mitgenommen, sie sind in den Unterkünften unerwünscht.

Viele Roma in der Ukraine haben keine Papiere. Ihre Flucht gestaltet sich noch schwieriger. Einem Bericht des European Roma Rights Centres zufolge werden sie nur über die moldawische Grenze rausgelassen. Dort wird versucht, sie schnell nach Rumänien loszuwerden, wo sie Asyl beantragen sollen. Anschließend werden sie dort wohl mit Duldung bleiben und nicht weiterkommen können. Roma ohne Papiere werden es trotz der Hindernisse über kurz oder lang auch nach Deutschland schaffen.

Wir erinnern uns an den Krieg in Jugoslawien und an die 150.000 vertriebenen Roma, die bis heute keine Möglichkeit der Rückkehr haben und verstreut in verschiedenen Ländern Europas leben. Ihr Eigentum wurde ihnen genommen, sie haben keinen Ort mehr, an den sie zurück könnten. Wie der Krieg in der Ukraine ausgehen wird, wissen wir nicht. Aber die Roma, die geflüchtet sind und noch flüchten werden, haben nach dem Krieg kein Zuhause mehr. Wir befürchten eine Wiederholung der Geschichte.

Wenn wir an Roma in der Ukraine denken, erinnern wir uns an die rechtsextremen Angriffe auf Roma in Lvov, in Kiev, in Odessa. Wir erinnern uns an rechtsextreme „Bürgerwehren“, die Roma-Camps in Schutt und Asche legen. Wie sie Bahnhöfe von Roma „säubern“. Egal, wie dieser Krieg ausgehen wird. Am Ende werden Roma die Leidtragenden sein. Wie bisher in allen Kriegen. Beim Angriff der NATO auf Jugoslawien lag der Fokus ausschließlich auf den Krieg führenden Parteien. Roma hielten sich raus und wurden vertrieben. Ihnen wurde alles genommen. Die Vergewaltigungen, Ermordungen, Vertreibungen wurden von den internationalen Organisationen damals ignoriert und werden bis heute ignoriert. Das darf sich in diesem Krieg nicht wiederholen.

Wir brauchen Frieden.
Wir brauchen internationalen Schutz.

Gleiche Rechte für Alle.

Stoppt alle Kriege und löst Konflikte mit Verhandlungen.

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