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Sexuelle Gewalt gegen Kind nicht anerkannt. Roma-Familie abgeschoben

Die Roma-Familie S/K – Mutter, Vater und zwei kleine Kinder – ist im Sommer 2021 zum zweiten Mal aus Serbien nach Deutschland geflohen, da sie erneut Gewalt und Bedrohungen erlebten und der kleine Sohn vergewaltigt wurde.

Vor der ersten Flucht hatte der Vater in Serbien Geld bei einem Kredithai geliehen. Er konnte das Geld relativ schnell zurückzahlen. Jedoch wollte der Geldgeber mehr und mehr und meinte schließlich sogar, dass die Familie das zehnfache zurückzahlen müsse. Zu diesem Sachverhalt hat die Familie zahlreiche Sprachnachrichten inklusive daran geknüpfter Bedrohungen auf ihrem Handy. Der Kredithai wusste sehr gut, dass die Familie sich nicht wehren könne, weil sie Roma sind und keinen staatlichen Schutz erwarten können. Es folgten Übergriffe auf den Vater und die Mutter. Daher flohen sie vor drei Jahren nach Deutschland. Hier wurde ihre Tochter geboren.

Wie die meisten Asylanträge von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, wurden die Asylanträge der Familie als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Seit Serbien und weitere fünf Westbalkanländer zu „sicheren Herkunftsstaaten“ deklariert worden sind, sind die Chancen für einen positiven Asylbescheid gleich null, obwohl Roma dort absolut nicht sicher sind. Dies zeigt sich auch bei der Familie S/K.

Die Familie entschied sich vor drei Jahren für die “freiwillige” Ausreise, um einer Abschiebung zuvor zu kommen (eine Abschiebung ist mit einer längeren Wiedereinreisesperre und hohen Kosten bei Wiedereinreise verbunden).

Im Juli diesen Jahres kam es in Serbien zu einem schweren sexuellen Übergriff auf den sechsjährigen Sohn. Er wurde von vier Kindern und Jugendlichen im Alter von 9-13 Jahren vergewaltigt. Zwei der beteiligten Kinder gehören in das Umfeld der Geldgebers. Zwei weitere Kinder sind die Söhne eines Polizisten, der ebenfalls mit dem damaligen Geldgeber verbandelt ist. Die Familie ergriff daraufhin erneut die Flucht, da sie keine Unterstützung oder gar Schutz erhielten.


Im Oktober wurden die Asyl-Folgeanträge im schriftlichen Verfahren als unzulässig abgelehnt. Trotz des schriftlich vorgebrachten Vortrags zur sexuellen Gewalt gegenüber dem Sohn wurde keine Anhörung durchgeführt. Mit recht viel Aufwand konnte die Familie dabei unterstützt werden, Unterlagen zum psychischen Zustand des Kindes zu erhalten.

Da die Unterlagen jedoch nicht den rechtlichen Vorgaben von fachärztlichen Stellungnahmen entsprachen, wurden sie nicht berücksichtigt. Aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen heraus, an fachärztliche Stellungnahmen zu kommen, ist äußerst schwierig. Sie wurden abgeschoben, bevor sie die Chance auf fundierte fachärztliche Gutachten bekommen hätten. Am Tag der Abschiebung sollte ein ausführlicher Gesprächstermin mit der Anwältin stattfinden, um auf Grundlage dessen, einen Eilrechtsschutz bei Gericht zu erwirken. Die Zentrale Ausländerbehörde war darüber informiert, dass die Situation der Familie sich noch in Klärung befindet.

Um 3 Uhr nachts ist die Polizei gekommen. Die Kinder standen unter Schock. Sie mussten Corona-Tests machen und schnell ein paar Sachen packen, viele Dokumente konnten sie nicht mitnehmen. Die Polizei hat der Familie die Handys weggenommen und erst in Serbien wiedergegeben. Die Mutter wollte eine Unterstützerin anrufen, um ihre Bescheid zu sagen, aber es wurde ihr nicht erlaubt. Per Bus wurden sie nach Frankfurt transportiert und wurden mit vielen weiteren Roma-Familien, aber auch alleinstehenden Frauen und Männern, ausgeflogen. In Belgrad angekommen, wurden sie sich selbst überlassen, haben nicht einmal das versprochene Taschengeld bekommen.

Die Familie ist jetzt mittel- und obdachlos in Serbien und weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Sie haben keine Sie haben große Angst davor, wieder der Verfolgung durch den ehemaligen Geldgeber und seinen Kreisen schutzlos ausgesetzt zu sein. „Wenn diese Leute wissen, dass wir zurück sind, wird es große Probleme geben, entweder jemand gerät in Gefahr oder jemand kommt unter die Erde.“, so die Mutter.

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