Home » Artikel » Roma-Hexen im Comic. Lilia Calderu und Maria Russoff

Roma-Hexen im Comic. Lilia Calderu und Maria Russoff

Roma-Hexen im Comic. Lilia Calderu und Maria Russoff

Im Marvel-Universum ist Lilia Calderu die Hexenkönigin der Roma (üblicherweise mit dem diskriminierenden Begriff genannt), wie bereits ihre Mutter Lilia Morgu vor ihr. Ihre Mutter taucht in den Comics selbst nie auf, sondern wird nur erwähnt. Lilia Morgu war eine Halbschwester des Baron Karl Amadeus Mordo. Lilia Calderu ist somit die Nichte des Baron.

Nach “Mystic Arcana: Scarlet Witch” (Oktober 2007) gründet Lilia Calderu zusammen mit Margali Szardos und Maria Russoff den mächtigsten Hexenzirkel Europas. Lila Calderu ist die Hüterin des begehrten Zauberbuches von Cagliostro, der Lilias Vorfahre und ein großer Hexenmeister war. Lilia nutzt die kollektive Macht des Hexenzirkels, um Scarlet Witch aufzuspüren. Im Zuge dessen prophezeit ihr ein Elder God namens Chthon, dass die meisten beteiligten Mystikerinnen irgendwann selbst mächtige Kinder zeugen würden.

Für Lilia erfüllt sich die Prophezeiung auf grausame Weise: Baron Mordo erfährt von der Existenz seiner Nichte und dass das mächtige Buch sich in ihrer Obhut befindet. Da er es in Besitz nehmen möchte, sucht er seine Nichte auf und macht sich an sie heran. Sie verliebt sich unwissend in ihren Onkel und vertraut ihm ihr Wissen an. Er wendet sich daraufhin brutal gegen sie, stiehlt das Buch und bricht ihr das Herz. Mordo nimmt an, Lilia sei tot, doch sie überlebt – laut “Doctor Strange”, Band 3, Nr. 87, und bringt ihre gemeinsame Tochter Astrid Mordo zur Welt, die ihre Mutter später rächen will.

In “Marvel Premiere” #12 (November 1973) sucht Doctor Strange in Transsylvanien nach Baron Mordo. Dort stellt Lilia ihm eine Falle, um ihn für die Rache an ihrem Onkel zu instrumentalisieren. Sie dringen in Schloss Mordo ein, aber Lilia wird von einem lebendig gewordenen Gargoyle verwundet und stirbt.

Anders als Lilia ist Maria Russoff keine gebürtige Romni. Sie tritt 1975 zum ersten Mal in einem Comic auf, ist eine ausgebildete Zauberin und Baronin im transsylvanischen Wundagore sowie die Witwe Baron Russoffs. Sie besitzt die Superkraft, sich auf das Schloss Russoff zu teleportieren, und verfügt über einige hellseherische Fähigkeiten. Ihr Sohn Gregory reaktiviert in ihrer Abwesenheit den Fluch der Lykanthropie, also der Verwandlung von Mensch zu Werwolf, weil er das „Darkhold“ übersetzt. Als er die Passage in dem Buch liest, in der es um den geheimen Ursprung der Lykanthropie geht, wird er in einen Werwolf verwandelt. Der Fluch kam dereinst über die Familie, als ein Vorfahre der Familie Russoff Dracula gepfählt hat und dabei von einem Werwolf in Draculas Diensten gebissen wurde.

Ihr Sohn wird ermordet, und als Maria zurückkehrt, wird sie beschuldigt, einen Dämon mit Satan gezeugt zu haben, wird gesteinigt und aus dem Dorf gejagt. Sie wandert hungernd und obdachlos umher, als sie auf ein Roma-Camp trifft. Die Roma nehmen sie auf und sie lebt die nächsten 15 Jahre glücklich mit ihnen. Was dann passiert, könnte der realen Geschichte der Roma entnommen sein: Als Maria eines Tages vom Feuerholz sammeln zurück in ihr Camp kehrt, ist ihre gesamte Roma-Familie tot – dahingemetzelt von Dorfbewohner:innen.

Wegen der Ermordung ihrer gesamten zweiten Familie verliert sie den Verstand und schwört den Mörder:innen Rache. Im Zuge ihrer Rache entführt sie die Topaz, eine Hexe und Verbündete der Werwölfe, deren Kräfte Maria kontrollieren und somit benutzen kann. Mit ihrer Hilfe bringt sie die ermordeten Roma als Zombies zurück, um sie auf die Dorfbewohner:innen loszulassen, die die Roma ermordet hatten. Beinahe lässt sie ihren Enkel Jack Russell, den Werwolf, von ihrem Bären töten. Topaz schafft es jedoch, Marias Verstand wiederherzustellen. Maria Russoff stirbt, weil sie in den Weg springt, als einer der Zombies einen silbernen Dolch auf den Werwolf wirft, um ihn zu töten. Der Werwolf verwandelt sich zurück in Jack Russell und die sterbende Maria bittet ihren Enkel um Vergebung.

Die Figur der Lilia Calderu ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Roma-Herkunft eines Charakters in den Comics vollkommen unbeleuchtet bleiben kann – was meistens der Fall ist. Das Ausleuchten ihrer ethnischen Wurzeln über die Figur ihrer Mutter würde nicht nur Raum für die Repräsentation der Geschichte und Kultur der Roma öffnen, sondern auch die Optionen des Story-Craftings für die Autor:innenschaft erweitern. So aber bleiben die Möglichkeiten in beide Richtungen unausgeschöpft.

Zudem reproduziert die Assoziation mit Magie und Hexenkunst eines der stereotypen Vorurteile denen die Roma bis heute ausgesetzt sind. So wird Lilia z.B. auch auf der Comic Vine Plattform als “Hexenkönigin der Z*” beschrieben. Dieses Phänomen tritt nicht nur im Comic-Universum auf: Als 1988 Emir Kusturicas Film “Time of the Gypsies” in die Kinos kam, in welchem der Protagonist Perhan ebenfalls über übernatürliche Fähigkeiten verfügt, löste dieser eine erneute Antiziganismus-Welle aus.

Innerhalb der Roma-Fangemeinde wird immer wieder auf die Verantwortung der Autor:innen verwiesen, einerseits die Kanonisierung der Roma-Identität ihrer Roma-Charaktere, wie am Beispiel Dick Grayson’s aka Nightwing, voranzubringen, und andererseits die Fallstricke der typisierten und vorurteilsbeladenen Darstellung zu vermeiden.

BulgarianCroatianEnglishFrenchGermanItalianPortugueseRussianSerbianSpanishTurkish