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Zurück ins Mittelalter. Roma am Pranger in der Ukraine

In den letzten Tagen gingen Fotos durch die soziale Medien, auf denen Romnja zu sehen waren, die mit gelbem Klebeband an Pfosten gebunden waren. Ihre Gesichter wurden grün oder blau angemalt. Schnell machten sich Äußerungen breit, dies sei „Putin-Propaganda“ und Fake News. Tatsächlich werden die Bilder in russischen Medien verbreitet. Jedoch werden sie genauso von ukrainischen Rechtsextremen verbreitet – mit rassistischen Äußerungen gegen Roma. In westlichen Medien hingegen werden sie verschwiegen.

Nach unseren Informationen handelt es sich um eine anscheinend aktuell gängige Methode der Selbstjustiz in der Ukraine, mit denen vermeintliche „Diebe“ bestraft werden. Beweise für die Diebstähle gibt es keine. Die Fotos der Selbstjustiz jedoch sind echt.

Menschen, die des Diebstahls verdächtigt werden, werden an Pfosten gebunden, angemalt, teilweise werden sie entkleidet, geschlagen, und es gibt auch Nachrichten über Vergewaltigungen. Das ganze erinnert an mittelalterliche Pranger. Selbst Kinder werden nicht verschont.


Dass es gerade Romnja waren, deren Bilder viral gingen, führt in Kombination mit dem antiziganistischen Motiv der unterstellten Diebstähle reflexartig zu Hate Speech gegen Roma. In der Ukraine ist der Rassismus gegen Roma noch erheblich offener und alltäglicher als in Westeuropa. Hinzu kommt der aggressive Rassismus durch rechtsextreme „Bürgerwehren“ wie das Azov-Regiment und C14, die immer wieder gewalttätige Übergriffe auf Roma und ihre Camps verübten. Die Unterstellungen, Roma würde jetzt auch noch Flüchtende beklauen, werden den Rassismus noch verstärken. In diesem Motiv kommt nicht vor, dass Romnja selbst Flüchtende sind.

Die Flucht von Romnja aus der Ukraine wird stark behindert. Täglich erfahren wir von fliehenden Romnja, wie sie diskriminiert wurden und werden. Sowohl in der Ukraine, als auch in den angrenzenden Ländern. In den Ländern, in die sie fliehen, geht die Diskriminierung weiter. Dass sie jetzt auch noch beschuldigt werden, „Flüchtende“ zu bestehlen, trägt weiter zur Spaltung der Geflüchteten bei: Nämlich in die guten weißen Flüchtenden, die vor dem Krieg fliehen, und die Roma, die nur vor wirtschaftlicher Not fliehen würden.

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