Home » News » Rassistische Maßnahmen gegen Roma in Bulgarien

Rassistische Maßnahmen gegen Roma in Bulgarien

Rassistische Maßnahmen gegen Roma in Bulgarien
In der bulgarischen Stadt Vidin sind am Abend des 22. Juli Polizei und Gendarmerie mit ca. 20 Wagen in das Roma-Viertel ausgerückt – angeblich wegen Ruhestörung. Alle rein- und rausfahrenden Autos wurden überprüft.
Bulgarische Roma haben dieses Jahr in mehreren Ländern und vor dem Europäischen Parlament in Brüssel gegen die Diskriminierung in ihrem Herkunftsland demonstriert. Das Fass zum Überlaufen hatte die kollektive Bestrafung von Roma in Wojwodinowo gebracht, wo die Behörden Teile einer Roma-Siedlung abgerissen hatten, nachdem zwei Jugendliche einen Armeeangehörigen verprügelt hatten und anschließend verhaftet worden waren.
Verteidigungsminister und stellvertretender Premierminister Karakatschanow nutzte den Vorfall, um zwei Tage später der Presse mitzuteilen, die Z… in Bulgarien seien extrem unverschämt geworden. So könne es nicht weitergehen. „Die Wahrheit ist, dass wir ein ganzes Programm zur Lösung des „Z…problems benötigen“.
Im Februar erschien seine so genannte Lösung vor, die inzwischen auch dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt wurde. Ihr Titel lautet: „Lösung zur Integration der nicht-integrierten Zigeuner (Roma)-Ethnie“. Wie das European Roma Rights Centre (ERRC) schreibt, ist das Dokument voller Hate Speech, Stereotype, schlecht geschrieben und es mangele ihm an Belegen für die rassistischen Unterstellungen über Roma, sie würden nicht arbeiten wollen, das Sozialsystem ausbeuten und zu viele Kinder haben. In dem Dokument wird zudem der Begriff der „Z-Kriminalität“ verwendet. Straftaten würden demzufolge also nicht von Individuen begangen, sondern gehörten zur Wesensart der Roma-Ethnie. Roma werden von Karakatschanow zudem als „asozial“ bezeichnet. Die Nazi-Rhetorik ist evident. Die vorgeschlagenen Maßnahmen beziehen sich also auch direkt auf Roma. Die Anzahl an Geburten von Romnja soll reduziert werden, Maßnahmen und Einrichtungen zur „Arbeitserziehung“ werden vorgeschlagen, ebenso wie Quoten von Sozialhilfe-Empfänger_innen mit Roma-Herkunft. All diese Maßnahmen nähren die oben genannten Unterstellungen.
Der Leiter eines Roma-Integrationsprojekts äußerte zudem, Karakatschanow oder wer auch immer dieses Papier verfasst habe, kenne wohl das Gesetz nicht, denn alle Beschränkungen hinsichtlich Sozialhilfe gebe es bereits. Es ist also recht offensichtlich, dass es hier gar nicht um die Lösung von Problemen geht, sondern darum, Stimmung gegen Roma zu machen, unterstellte Verhaltensweisen zu ethnisieren und Roma so als von Grund auf anders, kriminell und nicht-integriert darzustellen. Nicht von ungefähr kam das Papier kurz vor der EU-Wahl (im Oktober gibt es zudem Kommunal- und Bürgermeisterwahlen). Rassistische Propaganda funktioniert ja in den letzten Jahren in den meisten europäischen Ländern recht zuverlässig, um Stimmen einzutreiben, ohne dabei Lösungen für tatsächliche gesellschaftliche Probleme bieten zu müssen.
Kollektive Bestrafungen gegen Roma gehen nicht nur vom Staat aus. Der Abriss von Teilen der Roma-Siedlung in Wojwodinowo wurde nach Protesten weißer Anwohner_innen angeordnet. Auch in Gabrowo kam es nach Straftaten von Einzelpersonen mit Roma-Herkunft zu gewaltsamen Protesten gegen die Roma-Community, in deren Folge Roma aus der Stadt geflohen sind.
Scheinbar kleine Maßnahmen, wie das Schicken eines Polizeikontingents wegen Ruhestörung in ein Roma-Viertel, erscheinen so als Teil einer Strategie zur Kriminalisierung von Roma als Ethnie.
BulgarianCroatianEnglishFrenchGermanItalianPortugueseRussianSerbianSpanishTurkish