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Asylrechtsverschärfung 2015: Bundestag verabschiedet umstrittenes Asyl-Gesetz

Asylrechtsverschärfung 2015: Bundestag verabschiedet umstrittenes Asyl-Gesetz
Am 15. Oktober 2015 hat der Bundestag mit breiter Mehrheit der Asylrechtsverschärfung zugestimmt. Trotz massiver Kritik von Opposition und Menschenrechtsorganisationen ist das Gesetz seit November in Kraft getreten. Die Verschärfungen stehen in vielerlei Hinsicht einer menschenrechtsbasierten Asylpraxis im Wege. Abschiebungen können nun ohne Vorankündigung vollzogen werden. Diese Vorgehensweise nennt der Sozialdemokrat Marco Bülow „inhuman und unverhältnismäßig“. Im Gegensatz zur Fraktionslinie der Grünen warnten acht Abgeordnete der Partei in einer Stellungnahme, dass das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz zahlreiche Abschreckungs- und Ausgrenzungsvorschriften enthalte, jedoch nicht eine einzige Maßnahme, die tatsächlich das Asylverfahren beschleunigt. Die LINKE hat die Verschärfungen geschlossen abgelehnt. Jan Korte, Linksfraktionsvize kritisierte, dass die Umwandlung von Geld- zu Sachleistungen die Menschen entmündige und den bürokratischen Aufwand steigere. Zahlreiche Flüchtlingsverbände und Menschenrechtsorganisationen lehnen die Asylverschärfungen ab. Pro Asyl verwies darauf, dass das Gesetzespaket einen »offenen Verfassungsbruch« darstelle. Das Deutsche Kinderhilfswerk gibt zu Bedenken, dass die Asylrechtsverschärfung die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern beeinträchtigt und elementare Kinderrechte verletzt werden.
Bereits 1993 hätten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein positives Zeichen setzen können, als hunderttausende Flüchtlinge vor dem Krieg in Jugoslawien nach Deutschland geflohen sind. Auch damals brannten Asylunterkünfte. Doch statt den Flüchtlingen Asyl zu gewähren, verabschiedete die Bundesregierung ein Gesetz, welches das Grundrecht auf Asyl faktisch abgeschafft hat, der sogenannte Asylkompromiss. 22 Jahre später wird mit der Asylrechtsverschärfung ein zweiter Tiefpunkt im Bereich der Flüchtlingsrechte erreicht. Die Restriktionen, die die diesjährigen Gesetzesänderungen mit sich bringen, sind in vielerlei Hinsicht inhuman. Die Ausweitung der Inhaftierung von Schutzsuchenden, die Vergabe von Sach- anstelle von Geldleistungen, als auch die gruppenbezogene Zuweisung von Flüchtlingen in Abschiebelager, ohne dezidiert den Einzelfall zu prüfen, stellen in jederlei Hinsicht den Tiefpunkt der aktuellen Asylpolitik dar.
Die eingeleiteten Gesetzesmaßnahmen sollen der Regierung zufolge Maßnahmen darstellen, die aktuelle Flüchtlingskrise zu meistern, indem Menschen mit geringer Bleibeperspektive schneller abgeschoben werden können. In der praktischen Umsetzung trägt es allerdings zur Unterscheidung in „gute“ und „schlechte“ Flüchtlinge bei. Flüchtlinge vom Balkan haben keine Bleibeperspektive. Sie werden in gesonderte Lager untergebracht, um sie schnellstmöglich wieder abzuschieben. Prekär ist, dass von diesen Restriktionen insbesondere Angehörige ethnischer Minderheiten betroffen sind. Ein Großteil der Flüchtlinge aus Serbien z.B. sind Roma. Die Deklarierung des Kosovos, Albaniens und Montenegros als sichere Herkunftsstaaten ermöglicht es, Roma in diese Länder trotz massiver Diskriminierungen zurückzuführen. Dies betrifft auch Roma-Familien, die seit Jahren hier leben und langjährig nur geduldet wurden. Diese Flüchtlingspolitik schiebt Menschen ab, die hier geboren und aufgewachsen sind, um „Platz“ für neue Flüchtlinge zu schaffen. Damit werden Minderheiten wie Roma strukturell benachteiligt und Ressentiments reproduziert.

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