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Internationaler Schutzbedarf von Roma im Kosovo. Wichtiger Beschluss eines Sozialgerichts

In Deutschland gilt der Kosovo als so genanntes sicheres Herkunftsland. Entgegen der Realität gilt er damit auch für Roma als sicher. Das macht es ihnen quasi unmöglich, einen Schutzstatus im Sinne des Asylrechts zu erhalten. Ihre Asylanträge werden üblicherweise in verkürzten Verfahren als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Für viele ist es nicht das erste Mal, dass sie erfolglos einen Schutzstatus beantragen. Regelmäßig finden Abschiebungen von Roma in diese Länder statt, auch von jungen Menschen, die in Deutschland geboren sind und deren Eltern vor den Kriegen geflohen oder von den Kosovo-Albanern vertrieben wurden. Viele sind bereits mehrfach abgeschoben worden.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat sich nun in einem Beschluss auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Personen aus dem Kosovo berufen, wonach viele im Kosovo lebende Roma nicht registriert sind und/oder ihren Personenstand nicht dokumentieren können. Dies schreibt der Göttinger Fachanwalt für Sozialrecht Sven Adam in einer Pressemitteilung am 15. Februar 2021.

Adam vertritt eine 6-köpfigen Roma-Familie aus dem Kosovo, der die üblichen Leistungen für Asylbewerber_innen verweigert wurde. Der Landkreis Hildesheim ist nach dem Beschluss verpflichtet, der Familie ungekürzte Leistungen zu gewähren und ihnen Zugang zum gesetzlichen Krankenversicherungssystem zu ermöglichen. Adam schreibt: „Die Familie konnte seit Jahren trotz erheblicher Bemühungen die eigene Identität nicht nachweisen, da weder die Staaten Kosovo, Serbien noch Nord-Mazedonien die Staatsangehörigkeit der Familie bestätigen wollten. Der LK hat der Familie dennoch seit 2015 den Zugang zu sonst üblichen Existenzsicherungsleistungen mit der Begründung verweigert, die Familie habe rechtsmissbräuchlich keine Pässe vorgelegt und ihre Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen.“

Weiter schreibt der Rechtsanwalt zutreffend: „Roma aus dem Kosovo werden dort systematisch diskriminiert, auch indem ihnen häufig die Staatsangehörigkeit und das Aufenthaltsrecht abgesprochen wird. Diese Diskriminierung setzt der Landkreis Hildesheim fort, in dem die Existenzsicherungsleistungen gekürzt werden, weil wiederum die Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen werden kann. Die Roma-Familien leben in einer ständigen Diskriminierungsspirale aus institutionellem Rassismus.“

Der Beschluss des Landessozialgerichts greift in seiner Begründung wichtige Punkte auf, die in Asylverfahren etc. regelmäßig ignoriert werden: Dass viele Roma im Kosovo nicht registriert sind, sich nicht registrieren können oder ihre Papiere im Zuge des Krieges vernichtet wurden. Ebenso geht das Gericht auf das Problem ein, dass sich viele aus dem Kosovo vertriebene Roma in Serbien nicht registrieren können und somit rechtlich unsichtbar sind.

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