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Ukrainische Roma in Prag. Obdachlos und unerwünscht.

Ukrainische Roma in Prag. Obdachlos und unerwünscht.

Nach wie vor sind viele Roma, die aus der Ukraine in die osteuropäischen Staaten fliehen, obdachlos. Besonders drastisch ist die Situation in Tschechien. Dort schlafen Hunderte Roma im oder vor dem Prager Bahnhof, da sie keine Unterkunft bekommen und nicht registriert werden. Die meisten von ihnen sind Frauen, Kinder, alte oder behinderte Menschen. Anders als weiße Ukrainer:innen bekommen sie keine Visa für Geflüchtete.

Im Prager Bahnhof steht zwischen 9 Uhr abends und 5 Uhr morgens ein Schlafwagen für sie bereit. In ihm übernachten 500 Menschen, obwohl er nur für die Hälfte angelegt ist. Die hygienischen Bedingungen sind für sie gesundheitsgefährdend. Freiwillige Helfer:innen wollen ihre Unterstützung für diese Menschen Ende Mai einstellen, um die Regierung zu zwingen, angemessene Unterkünfte zu organisieren. Eine Helferin bezeichnet die Situation als humanitäre Krise, die nicht mehr tragbar sei.

Viele Roma warten darauf, dass die tschechischen Behörden über ihren Status entscheiden und sie untergebracht werden können. Viele haben versucht, sich zu registrieren, wurden aber abgewiesen, ohne ihnen den Grund zu nennen.

Die Weiterflucht in andere Länder bringt auch ihre Schwierigkeiten mit sich. Bereits am 8. April, dem Welt-Roma-Tag, hatten die Unterstützer:innen von der Gruppe gegen Antiromaismus auf dem Dresdener Bahnhof erlebt, wie eine Gruppe ukrainische Romnja, die aus Prag nach Deutschland kam, von der Polizei nicht aus dem Zug gelassen wurde. Da die Gruppe zufällig anwesend war, konnte sie schnell Unterstützung für die Romnja organisieren. Es scheint jedoch, wie aus dem Guardian-Artikel zu erfahren ist, kein Einzelfall gewesen zu sein: Viele Roma, die nach Deutschland fliehen wollten, wurden in Dresden von der Polizei nicht aus dem Zug gelassen.

Keine Unterstützung erhalten Roma mit doppelter Staatsangehörigkeit. Sie sind Ukrainer:innen und von dort geflohen, haben aber auch einen ungarischen Pass. Das heißt, sie sind EU-Bürger:innen. Das wird von manchen Staaten genutzt, um ihnen die gleiche Unterstützung zu verweigern wie anderen Geflüchteten aus der Ukraine. Tschechien versucht, diese Menschen nach Ungarn loszuwerden, wo sie ebenfalls keine Unterstützung als Geflüchtete erhalten. Manche der in Prag gestrandeten Roma wurden in Ungarn zurückgewiesen. Es wurde behauptet, ihre ungarischen Pässe seine gefälscht.

Jedoch hat nur ein kleinerer Teil der geflüchteten ukrainischen Roma im Prager Bahnhof eine doppelte Staatsangehörigkeit. Bei den meisten kommt der generelle Rassismus gegen fliehende Roma zum Tragen: Das in vielen Staaten grassierende Narrativ, bei den Roma, die aus der Ukraine fliehen, handele es sich nicht um „echte“, sondern um „Wirtschaftsflüchtlinge“. Dieses Märchen wird auch von Offiziellen, etwa dem tschechischen Innenminister, erzählt. Er brachte die Flucht von Roma aus der Ukraine sogar mit organisiertem Verbrechen in Verbindung. Auch der Gouverneur der Mährisch-Schlesischen Region hat sich entsprechend stigmatisierend geäußert.

Manche der im Prager Bahnhof gestrandeten Roma sind inzwischen in Deutschland angekommen. Das Roma Center/ RAN, Romani Kafava und weitere Roma-Selbstorganisationen unterstützen sie dabei.

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