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Was bedeutet das neue mazedonische Amnestie-Gesetzt für Roma?

Was bedeutet das neue mazedonische Amnestie-Gesetzt für Roma?

In Mazedonien wurde ein Amnestie-Gesetzt erlassen, das für mehr als 200 inhaftierte Roma die Entlassung oder eine Haftverkürzung bedeuten könnte.

Am 15. Januar 2018 hat das mazedonische Parlament ein neues Amnestie-Gesetz beschlossen, das am 29. Januar in Kraft getreten ist. Die genaue Anwendung dieses Gesetzes würde bedeuten, dass etwa 260 Roma aus der Haft entlassen werden könnten oder ihre Haftstrafe um 30% verkürzt werden könnte.

Dem Gesetz zufolge kann eine Amnestie oder Teil-Amnestie gewährt werden, wenn jemand:

 • die Haft am Tag, als das Gesetz in Kraft getreten ist, bereits angetreten hatte,

• ein_e mazedonische Staatsbürger_in ist und in Mazedonien inhaftiert ist, aber für eine Straftat nach den Gesetzen eines anderen Staates verurteilt worden ist,

• für eine Straftat verurteilt worden ist, aber am Tag, als das Gesetz in Kraft getreten ist, die Haft noch nicht angetreten hat.

 Volle Amnestie soll den oben genannten Personen gewährt werden, wenn sie zu einer Haftstrafe von sechs Monaten oder geringer verurteilt worden sind. Diese Personen können aus dem Gefängnis entlassen werden. Teil-Amnestie soll auf alle anderen oben genannten Personen angewandt werden, die zu mehr als sechs Monaten verurteilt worden sind. Deren Haftstrafe soll um 30% reduziert werden.

Die Vorgehensweise, um denen Amnestie zu gewähren, die ihre Haft bereits angetreten haben, soll von Amts wegen von der Justizvollzugsanstalt eingeleitet werden, während das Verfahren für die Amnestierung von Personen, die ihre Haft noch nicht angetreten haben, von Amts wegen von dem Gericht eingeleitet werden soll, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat. Dies wird auf Ersuchen eines Staatsanwaltes oder der verurteilten Person selbst veranlasst. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Staatsanwalt dieses Verfahren für Roma einleitet. Daher müssen Roma selbst über das neue Gesetz Bescheid wissen und das Verfahren selbst einleiten.

Fünf Tage, nachdem ein Gericht um Amnestie ersucht wurde, muss es eine Entscheidung fällen. Widerspruch gegen die Entscheidung muss binnen 24 Stunden nach Erhalt eingelegt werden. Widerspruch kann von der verurteilten Person oder einer anderen Person, die in ihrem Namen handelt, eingelegt werden. Wenn die Beschwerde eingereicht ist, wird ein höheres Gericht innerhalb von 48 Stunden über die Entscheidung des ersten Gerichts urteilen.

Das Zeitfenster für das neue Gesetzt ist sehr klein und eine Amnestie zu beantragen geht unverhältnismäßig zu Lasten der verurteilten Person. Wenn man das Ausmaß an institutioneller Diskriminierung gegen Roma in Rechtswesen, Gefängnissystem und Staatsanwaltschaft bedenkt, ist es unwahrscheinlich, dass Roma eine faire oder spontane Anwendung des Gesetzes erwarten können.

Wir bitten Roma, die verurteilt worden sind, dringend, die Initiative zum Amnestieverfahren zu ergreifen. Roma, die ihre Haft bereits absitzen, aber in eine der anderen Kategorien fallen, müssen sich an eine Amtsperson wenden; sie können das Verfahren nicht selbst einleiten. Dieser Punkt macht dem ERRC Sorgen, da es Behörden Gelegenheit bietet, ihre Macht zu missbrauchen und die Amnestie-Anträge von Roma zu übersehen oder zurückzuweisen.

In einem System, das Roma bereits schwer bestraft und in dem sie gar im Gefängnis sterben, gibt es eine große Gefahr, dass sie auch bei diesem Amnestie-Gesetz diskriminiert werden. Das ERRC wird den Prozess zur Amnestie überwachen und jeden Fall von möglicher Befangenheit oder Vorurteilen gegen Antrag stellende Roma aufzeichnen.

Quellen: Senada Sali and Jonathan Lee (ERRC).

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