Zeugen berichten von Molotowcocktails und Schusswaffen. Sieben Roma verletzt.
Am Dienstag wurde ein Roma-Camp in Marseille in den Nachtstunden von einer Gruppe unbekannter Täter angegriffen. Die Männer schleuderten Molotowcocktails und selbstfabrizierte Sprengkörper in das leerstehende Industriegebäude am Boulevard Magallon, in dem sich obdachlose Roma-Familien einquartiert hatten. Zeugen berichten zudem von Gewehren und Schrotmunition.
Am Vorabend waren einige Männer auf dem Areal erschienen und hatten die Roma aufgefordert zu verschwinden. Dem nächtlichen Angriff war, berichtet auch „L’Obs“ unter Berufung auf den Oberstaatsanwalt, eine Auseinandersetzung zwischen Campbewohnern und einer Gruppe junger Männer aus der Nachbarschaft vorausgegangen. Dabei sei ein 40-jähriger Rom – anscheinend mit einem japanischen Schwert – am Arm verletzt worden.
Sieben Roma wurden bei dem nächtlichen Überfall verletzt, darunter ein 14-Jähriger. Sie wurden im Krankenhaus versorgt; zwei junge Roma mussten operiert werden. Ein weiterer Mann, laut Polizei möglicherweise einer der Angreifer, wurde mit einem Schädeltrauma eingeliefert.
„L’Obs“ berichtet, dass die Verletzungen der Roma möglicherweise versehentlich durch einen Bewohner des Camps selbst hervorgerufen wurden, als sich dieser mit einer Waffe gegen die Angreifer verteidigen wollte. Der Staatsanwalt gab zudem an, dass die Brandsätze nicht explodiert seien. Ein von den Medien veröffentlichter Screenshot aus einer Videoaufnahme, die ein Zeuge aus der Nachbarschaft gemacht hat und die derzeit von der Polizei ausgewertet wird, zeigt hingegen deutlich mehrere Explosionen.
Im Industrieareal von Magallon, das sich im Eigentum der Stadtgemeinde befindet, leben rund 160 Personen. Nach der Räumung mehrerer nahegelegener Camps ist das Roma-Lager seit Februar das größte in Marseille. Auch diese Behelfsunterkünfte hätten bereits im Juli geräumt werden sollen, der Räumungsbescheid wurde jedoch noch nicht exekutiert.
Nach dem Angriff herrscht unter den Bewohnern große Angst. Derzeit gibt es für sie vor Ort keinen ständigen Polizeischutz. Die Polizeistreifen wurden allerdings angewiesen, häufiger vorbeizufahren, um nach dem Rechten zu sehen. Erst vor wenigen Wochen war in Marseille ein Jugendlicher aus einem Roma-Camp von Tätern aus der Nachbarschaft verprügelt worden.
Médecins du monde haben angekündigt, psychologische Betreuung anzubieten. Das European Roma Rights Center (ERRC) wird die Ermittlungen überwachen. Drei mutmaßliche Täter wurden inzwischen verhaftet.
(dROMa)