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Gewalt gegen Roma in Bulgarien vor den Wahlen

Gewalt gegen Roma in Bulgarien vor den Wahlen
Im Mai und Juni gab es an zwei Orten in Bulgarien, in Sofia und Garmen, ethnische Spannungen zwischen Roma und Mehrheitsbevölkerung, die sich zu Massenprotesten und rassistisch motivierten Attacken gegen Roma entwickelt haben. Eine Forderung der Demonstranten richtete sich gegen illegal errichtete Roma-Wohnungen und die andere gegen ‚Roma Diebe‘. In Garmen, einem Dorf in Südwestbulgarien entwickelte sich ein Nachbarschaftsstreit am 23.Mai 2015 zu einer Massenschlägerei, bei der mehrere Menschen schwer verletzt wurden. Das Dorf wird zeitweise von rechtsradikalen Hooligans belagert, aber auch Dorfbewohner drohen mit Selbstjustiz. In Sofia kam es Mitte Juni zu gewalttätigen Übergriffen von rechtsradikalen Gruppen. Hunderte rechtsradikale Gewalttäter randalierten tagelang in dem Stadtteil Orlandovzi, in Sofia. Die Frage ist, wieso entwickelten sich beide Konflikte zu nationalen Massenprotesten?
Violeta Naydenova, vom Open Society European Policy Institute, spricht in diesem Zusammenhang vom staatlichen Antiziganismus. „In Bulgarien werden am 25.Oktober Lokalwahlen stattfinden. Schon in der Vergangenheit gab es ethnische Eskalationen zwischen Roma und Nicht-Roma und Anti-Romaproteste vor den Wahlen. Das ist also nichts Neues. Aber wenn wir beobachten, dass diese romafeindlichen Gefühle und Einstellungen und ethnischen Angriffe auf Roma zunehmen und dass sie von Politikerinnen selbst angeregt werden, ist das äußerst beunruhigend und verstößt gegen EU-Normen und internationale Menschenrechte. Meiner Meinung nach ist das alles politisch manipuliert. Ich gehe sogar noch weiter und nenne es staatlichen Antiziganismus. Bei beiden Demonstrationen haben wir als die Eskalation begann, beobachtet, dass Politiker_Innen von extrem rechten und mitte-rechten Parteien dabei waren.“
Als Reaktion auf die Proteste hat die Regierung mit zwei Maßnahmen reagiert. 1. mit der Lokalisierung aller illegalen Roma-Wohnungen und 2. mit dem Abriss dieser Häuser. In Garmen wurden 124 illegale Roma-Wohnungen identifiziert, von denen bereits vier zwangsgeräumt und abgerissen wurden. Die Regierung strebt an, alle illegalen Roma-Wohnungen abzureisen. Diese Situation ist sehr schockierend, da den Familien keine alternativen Wohnmöglichkeiten angeboten werden. Sie landen sozusagen direkt auf der Straße. Man muss bedenken, dass die Thematik der „illegalen“ Roma-Häuser in Bulgarien in die Zeit des Kommunismus zurückreicht. Viele Roma wurden von den Orten, in denen sie zur Zeit des Kommunismus gelebt hatten, umgesiedelt. Jetzt werden ihre alten Dokumente von den Wohnungen von der Regierung nicht mehr als legitim anerkannt und als „illegal“ bezeichnet. Das betrifft die meisten Roma, die in sogenannten Ghettos oder Roma-Vierteln wohnen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 13.7.2015 eine Eilverfügung erlassen, die festsetzt, dass keine weiteren Häuser abgerissen werden dürfen, ohne den Roma-Familien neuen Wohnraum bereitzustellen. Besorgniserregend ist, dass die bulgarische Regierung mit dem geplanten Abriss trotz der Entscheidung des Menschenrechtsgerichtshofs fortfahren will. Die vier Roma-Familien, deren Häuser bereits abgerissen wurden, haben bis jetzt keine neue Bleibe, sie leben mit 12 Kindern auf der Straße.

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