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UN scheitert bei Entschädigung vergifteter Roma im Kosovo

 

Flüchtlingslager Osterode im Hintergrund: Berge von 100 Mio. Tonnen giftigem Bleierz – Foto: Miradija Gidzic

UN scheitert bei Entschädigung vergifteter Roma im Kosovo

Die Vereinten Nationen planen Finanzierung von Gemeinschaftsprojekten statt Roma im Kosovo zu entschädigen. Dies stößt bei Menschenrechtsorganisationen auf Kritik.

Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Freitag, man sei sich der Not der Roma im Kosovo “sehr bewusst”. Die Vergiftungen seien eine direkte Konsequenz einer Umsiedlung in Lager für Internally Displaced Person (IDP/ Binnenvertreibene; Anm. d. Übers.) in Nordkosovo unter der UN-Verwaltung der ehemaligen serbischen Provinz.

Sprecher Stéphane Dujarric fügte hinzu, er möchte “das tiefe Bedauern der Organisation für das Leiden aller Einzelpersonen, die in den IDP-Lagern lebten,” zum Ausdruck bringen.

Ein UN-Beratungsausschuss, der gegründet wurde, um die Beschwerden gegen die UN-Mission im Kosovo (UNMIK) zu untersuchen, hat letztes Jahr an die UN appelliert, die UNMIK dafür zur Rechenschaft zu ziehen, dass sie die Roma-Familien in den Lagern für im Kosovokrieg 1998 und 1999 vertriebene Menschen einer Bleivergiftung ausgesesetzt habe.

IDP-Lager wurden in der Nähe der Trepča-Minen und -Schmelzkomplexe errichtet, die seit den 1970ern dafür bekannt waren, die Umgebung mit Blei und anderen Giften zu verseuchen.

Die Lager, die nur eine temporäre Unterbringung für maximal 90 Tage sein sollten, wurden über mehrere Jahre betrieben.

Der Ausschuss drängte die UNMIK, öffentlich ihr Versagen bei der Einhaltung wichtiger Menschenrechtsstandards als Reaktion auf Gesundheitsschäden einzugestehen, die durch Bleiverseuchung in den IDP-Lagern hervorgerufen wurden. Außerdem soll sie die Opfer für erlittenen materiellen und seelischen Schaden entschädigen.

Die Vereinten Nationen haben jedoch lediglich einen Treuhandfonds eingerichtet, der auf kommunaler Basis Initiativen bei der Finanzierung von “Hilfsprojekten” fördern soll. Diese sollen vor allem in Nord-Mitrovica, Süd-Mitrovica und Leposavić stattfinden, jedoch laut UN allgemein den Communities der Roma, Ashkali und Ägypter zugutekommen.

“Die Hilfsprojekte werden sich auf die dringlichsten Bedürfnisse dieser am meisten gefährdeten Communities konzentrieren und dabei Gesundheitswesen, wirtschaftliche Entwicklung und Infrastruktur einschließen”, so Dujarric in einer Stellungnahme.

Die Maßnahme wurde von Menschenrechtsorganisationen krtitisiert. Human Rights Watch (HRW) sagte, dass die UN “die Opfer von Bleivergiftungen in den Lagern im Kosovo gering schätzt”, wenn sie Treuhandfonds ohne finanzielle Mittel für Hilfsprojekte anstelle individueller Entschädigung für die Opfer ihrer eigenen Nachlässigkeit anbiete.

“Sich vor der Verantwortung für das Leiden der Opfer von Bleivergiftungen zu drücken, dient ledigllich dazu, Versuche zu untergraben, die UN für ihr Versagen mehr zur Rechenschaft zu ziehen.   Die Weigerung, Verantwortung für von der UN verursachte Schäden zu übernehmen, untergrabe wiederum die Fähigkeit der Organisation, Druck auf Regierungen und andere auszuüben, um Menschenrechtsverletzungen abzustellen”, sagte Louis Charbonneau, UN-Direktor bei HRW.

Seit November 2007 hat der Ausschuss mehr als 500 Beschwerden im Zusammenhang mit den Friedensmissionen der Vereinten Nationen erhalten. In einigen Fällen kam der Ausschuss zu dem Schluss, es habe Versäumnisse beim Einhalten von Menschenrechtsstandards gegeben. Der Ausschuss hat seine Arbeit zum Kosovo beendet und veröffentlichte im Juli 2016 einen Abschlussbericht.

Darin berichtet der Ausschuss, die UNMIK habe im Jahr 2000 einen Bericht in Auftrag gegeben, in dem extrem erhöhte Bleimengen im Blut von in den IDP-Lagern lebenden Menschen festgestellt wurden. Jedoch hat sie den Bericht nicht veröffenlicht und es nicht geschafft, angemessen auf die Gefährdung durch Blei in den Lagern zu reagieren.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2004 vor chronischen irreversiblen Auswirkungen von Blei auf den menschenlichen Körper gewarnt und die UNMIK gedrängt, Kinder und schwangere Frauen unverzüglich aus den Lagern zu evakuieren. Die UNMIK hat keinerlei Dokumente zur Verfügung gestellt, in denen sie angegeben hätte, welche genauen Maßnahmen sie als Antwort auf diese Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen ergriffen habe.

Die Vergiftungen wurden 2009 zudem durch HRW dokumentiert. HRW drängte Behörden im Kosovo, mit internationalen Gebern zusammenzuarbeiten, um die von binnenvertriebenen Roma bewohnten bleiverseuchten Lager unverzüglich zu schließen, die Bewohner_innen umzusiedeln und medizinische Behandlung wegen der Bleivergiftungen zur Verfügung zu stellen.

UNMIK wurde 1999 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC) etabliert, “um die Bedingungen für ein friedliches und normales Leben für alle Einwohner_innen des Kosovo sichern zu helfen und die regionale Stabilität in den Westbalkanländern zu fördern”, so ihr Mandat.

 

Übersetzung aus dem Englischen. Der Artikel erschien am 27.5.2017 auf balkaninsight.com.

Mher Infos zu fluechtlingslager-osterode (gfbv)

sieben-vergiftete-roma-kinder-aus-verseuchtem-fluechtlingslager-im-kosovo-zur-behandlung

 

 

 

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