Roma-Frau und ihr Baby sterben in den Wehen. Roma in der Corona-Krise Teil 3
Eine 37-jährige Roma-Frau und ihr ungeborenes Baby sind in Skopje, Nordmazedonien, gestorben, nachdem sie als Notfall ins Krankenhaus transportiert worden waren. Die Mutter erlitt Komplikationen, die zum Tod ihres Babys in der Gebärmutter führten, während sie stundenlang außerhalb des Krankenhauses auf die Behandlung wartete. Sie starb am 31. März an einer Sepsis.
Drei Tage zuvor war ihre Fruchtblase geplatzt, und die Frau wartete darauf, zur Geburt in der Frauenklinik in Ohrid aufgenommen zu werden. Die Frau stammte aus sehr armen Verhältnissen und lebte unter menschenunwürdigen Bedingungen mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern.
Sie war nicht in der Lage, die Kosten für Reisen und häufige Arztbesuche zu tragen. Sie besuchte die Frauenklinik in Ohrid erstmals am 26. März, nachdem die Fruchtblase geplatzt war. Sie wurde untersucht und darüber informiert, dass sie noch nicht entbindungsbereit sei. Am 29. März kam sie wieder in die Klinik und klagte über starke, abnormale Schmerzen, hatte Blutungen und Anzeichen einer Infektion. Derselbe Arzt teilte ihr mit, dass sie für die Entbindung noch nicht bereit sei, und schickte sie nach Hause. Am nächsten Tag wiederholte sich dies mit einem anderen Arzt, obwohl sie ihn um einen Kaiserschnitt bat. Am 31. März kam sie morgens in der Klinik an und bat um sofortige Behandlung, da sie die Schmerzen nicht mehr ertragen könne. Ein Arzt, den sie zuvor nicht gesehen hatte, war im Dienst und sagte ihr, dass ihr Baby in einem schlechten Zustand sei und nicht richtig atmen könne. Um 10 Uhr kam ein Krankenwagen, der sie ins Krankenhaus von Skopje brachte, da ihre Komplikationen in der Klinik in Ohrid zu schwierig zu behandeln seien.
Ärzte fanden sie außerhalb des Krankenhauses allein vor, was bedeutet, dass der Fahrer des Rettungswagens sie nicht ins Krankenhaus gebracht hat, sondern sie vor der Tür abgesetzt hat. Da sie hohes Fieber hatte, nahm das medizinische Personal eine Probe, um sie auf Covid-19 zu testen, und man ließ sie auf die Behandlung warten, bis die Testergebnisse zurückgekommen waren. Sie wurde erst um 19:30 Uhr in das Krankenhaus eingeliefert.
Es ist unklar, wann das Baby starb: während der zweistündigen Fahrt nach Skopje oder in den sechs oder mehr Stunden, in denen die Frau vor den Türen des Krankenhauses zurückgelassen wurde. Die Ärzte konnten nur noch den Tod des Kindes feststellen. Durch einen Roma-Arzt, der in einem Labor in Skopje arbeitete, versuchte die Familie der Frau herauszufinden, wie es ihr ging. Um 20:30 Uhr teilte man der Familie mit, sie würde nun in den OP gebracht, um das tote Baby zu entfernen. Nach Abschluss der Operation soll sie weitere Komplikationen und hohes Fieber sowie Anzeichen einer Sepsis gehabt haben. Sie wurde intubiert, und die Ärzte versuchten mehr als zwei Stunden lang erfolglos, sie zu behandeln. Sie verstarb gegen 22 Uhr.
Das Gesundheitsministerium hat bestätigt, dass die Umstände ihres Todes untersucht würden. Die Inspektion umfasst sowohl die Klinik in Skopje als auch die in Ohrid sowie den Hausarzt. Es besteht ein starker Verdacht auf Fahrlässigkeit. Verstärkt wird sie durch institutionellen Rassismus.
In Medienberichten wurde der Frau darüber hinaus selbst die Schuld an ihrem Tod und dem des Babys gegeben, da sie nicht regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen zu ihrem Arzt ging (was sie sich nicht leisten konnte), für ihren schlechten Gesundheitszustand und ihren schlechten Lebensstil.
Eine Nachbarin kümmert sich nun um die beiden Kinder der Frau, damit ihr Vater arbeiten kann, um sie zu versorgen. Sie war diejenige, die sie in die Klinik brachte. Sie sagte: “Ich habe sie unter schlechten Bedingungen gesehen, sie hat tagelang die Ärzte um Hilfe gebeten. Ich glaube, es geschah aufgrund ihres Aussehens und ihrer sozioökonomischen Situation.“ Die Nachbarin erzählte auch, sie habe gehört, dass das Personal in der Klinik sagte, die Frau rieche schlecht, und dass sie sie lachen und scherzen sah, als sie ihr sagten, dass sie noch nicht bereit für die Entbindung sei, und sie nach Hause schickten.
Die Frau starb nicht nur aufgrund der beispiellosen Ausnahme-Situation im Gesundheits-Bereich durch die Corona-Krise. Sie starb auch, weil diese Situation damit zusammenfiel, dass sie Romni und arm war. Die Überschneidung zwischen ihrer Hautfarbe, ihrem Geschlecht und ihrer Klasse bedeutete, dass sie ungleich und unprofessionell von einem System behandelt wurde, das Menschen, die ihr ähnlich sehen, institutionell diskriminiert, ein System, das ihr Leben letztlich als weniger wert bewertet. Die Corona-Virus-Pandemie hat nur dazu gedient, die tragischen Ungleichheiten hervorzuheben, die es immer schon in diesem System gegeben hat. Der Corona-Test der Frau war übrigens negativ.
Das European Roma Rights Centre wartet auf die Autopsie aus dem Krankenhaus und wird den Fall zusammen mit der Gesundheitsinspektion und dem Gesundheitsministerium weiter untersuchen.
Freie Übersetzung des Artikels von Jonathan Lee für das ERRC.